Sonntag, 18. Januar 2009

Darwin als Familienmensch sowie Darwin und Spencer

Heute weisen wir auf zwei weitere empfehlenswerte aktuelle Zeitungsartikel hin:

Charles Darwin, der Familienmensch, von Petra Werner, die einen erfreulich unaufgeregten Artikel in der WELT veröffentlicht hat. Der Artikel ist ein Auszug aus ihrem am 20.1.2009 erscheinenden Buch
„Darwin. Die Entdeckung des Zweifels“, Osburg Verlag.

Peter Markl schreibt in der Wiener Zeitung über "Zurüstungen für das Darwinjahr" und geht dabei auch auf das Verhältnis von Spencer und Darwin ein. Spencer gilt als Begründer des "Sozialdarwinismus".


Charles Darwin, Fotografie von
J. Cameron, 1869. Foto: Wikimedia



Leseproben:

Charles Darwin, der Familienmensch
Von Petra Werner , DIE WELT, 14. 01. 2009

Hinter dem überlebensgroßen Naturforscher verbarg sich ein sensibler Mann, der lange um seine Tochter trauerte. Er war oft unpässlich und führte darüber Tagebuch. In seinen Briefen gab es melodramatische Floskeln, die als Abschied interpretiert werden konnten. Darwin zauderte , die Evolutionstheorie zu veröffentlichen.
"Ein wichtiger Grund für den Erfolg war der mäßige Umfang, den ich Wallace verdanke. Wäre er nicht gewesen, hätte ich mir Zeit gelassen und das Buch („Die Entstehung der Arten “) wäre vier- oder fünfmal dicker geworden und niemand hätte es gelesen.“ Dieser Satz Charles Darwins markiert das Ende seines Gewissenskampfes. Der Schock hatte ihn 1858 getroffen, als er an einem Junitag den Brief eines Kollegen geöffnet hatte. Wallace, der von einer Insel im Malaiischen Archipel schrieb, hatte seinem Brief einen Essay beigelegt. (weiterlesen)


Zurüstungen für das Darwin-Jahr
von Peter Markl, Wiener Zeitung, 17.01.2009

Der große englische Naturforscher gilt auch 200 Jahre nach seiner Geburt noch als der Begründer des "Darwinismus" – zu Unrecht, wie sich bei genauer Betrachtung seines Denkens zeigt.

Die Evolutionstheorie, so hat Jaques Monod schon vor langem konstatiert, ist eine besondere Theorie. Auch deshalb, weil sie unter den großen Theorien der Naturwissenschaften "die einzige ist, von der jedermann glaubt, dass er sie versteht". Er meinte damit "Philosophen, Sozialwissenschafter und so weiter. In Wirklichkeit aber verstehen die Evolutionstheorie sehr wenige Leute und das gilt selbst für die Evolutionstheorie, so wie Darwin sie zu seiner Zeit formulierte, und noch mehr für das Verständnis der Evolutionstheorie, das uns heute in der Biologie möglich ist." In derselben Vorlesungsreihe – den 1973 in Oxford gehaltenen "Herbert Spencer Lectures" – hat Karl Popper noch auf eine andere Besonderheit der Evolutionstheorie hingewiesen, die besonders oft zur Komponente einer Ideologie umfunktioniert worden ist. Popper erinnerte daran, dass große wissenschaftliche Revolutionen auch zu "ideologischen" Revolutionen beitragen können. Es war ihm wichtig zu betonen, dass er mit dem bewusst vage gewählten und viele Aspekte ansprechenden Begriff "Ideologie" Vermutungen, Glaubenssätze oder Haltungen meinte, die auch Naturwissenschafter – zum Guten oder Schlechten – stark beeinflussen oder sogar inspirieren können. Wenn eine neue naturwissenschaftliche Theorie zu einer Komponente in einem neuen Weltbild wird, dann bekommt sie eine neue Rolle: sie hat dann die Funktion, die Ideologie zu stützen.Die naturwissenschaftliche Theorie wird dadurch allerdings nicht selbst schon zur Ideologie, denn immer noch unterscheidet sie sich von einer durch Ideologie geprägten Vermutung ganz entscheidend dadurch, dass sie durch empirische Prüfung widerlegt werden kann. Die Evolutionstheorie ist geradezu der Prototyp einer solchen naturwissenschaftlichen Theorie – immer wieder Versuchen ausgesetzt, in verschiedenen Ideologien – wie Sozialdarwinismus oder Materialismus – eine Funktion zugewiesen zu bekommen.

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